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Franz Wittenbrink
Mütter


Premiere: 5. Februar 2005, TASCH 2

Fotos link |

Besetzung:
Inszenierung/Ausstattung -

Musikal. Einstudierung -
Dramaturgie -
Regieassistenz/Soufflage -
Ekkehard Dennewitz

Maria Tosenko
Jürgen Sachs
Juliane Nowak
Mütter

Darsteller:
Regina Leitner/Juliane Beier | Christine Reinhardt | Maria Tosenko | Christian Holdt | Daniel Sempf | Stefan Piskorz

Die Sachs-Band:
Stefan Gebhardt (Klavier, Keyboard) | Stefan Schneider (Gitarre) | Jürgen Sachs (Bass) | Jürgen Stroth (Schlagzeug) Stefan Waldeck (Arrangements)

Technische Leitung - Fred Bielefeldt | Beleuchtung - Susann Förster | Requisite - Margarita Belger | Maske - Grit Anders | Inspizienz - Ito Grabosch | Ton - Ronald Strauß | Garderobe - Elisabeth Müller | Schneiderei - Eva Nau, Gisela Schmidt, Claudia Siebenborn

Stück:

Mütter auf dem Kinderspielplatz. Dort treffen sie sich und wachen über ihre Sprößlinge, alles Jungs. Mal gerührt, mal genervt, mal gelangweilt betrachten sie das Treiben der (nicht immer) „lieben Kleinen“. Doch diese Mütter sind etwas Besonderes: diese Mütter (und ihre Jungs) reden nicht – sie singen! Einmal mehr hat Wittenbrink (Jahrgang 1948) einen packenden Cocktail aus Popsongs, Schlagern, Chansons und Schnulzen gemixt: Ironisch, romantisch, realistisch, immer mit einem Augenzwinkern werden Übermütter, Rabenmütter und Großmütter mit viel Herz und Mutterwitz aufs musikalische Korn genommen. Zwischen Lolli und Lullaby, zwischen dreckiger Schnute und schöner Schnulze ist für jeden etwas dabei.

Uraufführung Oktober 2002 am Düsseldorfer Schauspielhaus

„Franz Wittenbrink ist der Joker des deutschen Musiktheaters. Er weiß, was gespielt werden muß, damit die Leute zuhören.“ (Frankfurter Allgemeine Zeitung)

Mit seinen schlicht „Liederabende“ genannten Events sorgt er überall für Furore. Dabei ist sein Erfolgsrezept nach eigener Einschätzung einfach: „Ich versuche Geschichten zu erzählen, denen das Publikum eher wie in einem Schauspiel folgt, wobei die Figuren, statt miteinander zu reden, halt singen.“
Pressestimmen:



Oberhessische Presse

Liederabend

Mütter, Lausbuben und viel Musik

Marburg. „Liederabende“ nennt Franz Wittenbrink seine Programme. Mit Witz, Tempo, Live-Musik und einer tollen Besetzung hat Ekkehard Dennewitz Wittenbrinks „Mütter“ sehr unterhaltsam in Szene gesetzt. von Uwe Badouin

Mütter werden selten in Deutschland. In Marburg kann man in den kommenden Monaten eine aussterbende Art auf der Bühne beobachten: Christine Reinhardt, Regina Leitner und Maria Tosenko schlüpfen auf der Studiobühne des Theaters am Schwanhof in so ziemlich alle denkbaren Mütterrollen – sie sind Rabenmütter, fürsorgliche, genervte und gestresste Mütter, liebende Mütter, Großmütter, alleinerziehende Mütter, selbstbewusste und weinerliche Mütter.

Erzählt werden die Geschichten aus dem Mütteralltag der Republik ausschließlich in Liedern: Evergreens von Elvis Presley und den Beatles, Hits von Bob Dylan und Abba und schräge Lieder von Funny van Dannen wechseln mit Schlagern von Peter Alexander und Dalida, Wiegenliedern und Moritaten sowie Herbert Grönemeyers Wunsch „Kinder an die Macht“.

Intendant Ekkehard Dennewitz hat den Liederabend locker-leicht, beschwingt und mit viel Ironie inszeniert. Die Band des Dramaturgen Jürgen Sachs (Bass) mit Stefan Gebhardt (Klavier, Keyboard), Stefan Schneider (Gitarre) und Jürgen Stroth (Schlagzeug) sorgt für das musikalische Fundament, wechselt souverän zwischen Pop und Rock, Gassenhauer und Kabarett.

So können sich Christian Holdt, Daniel Kuschewski und Matthias Steiger als vorlaute, freche Bengel in ihrem Sandkasten im Plantschbecken-Format austoben. Mitreißend gibt Christian Holdt den abgebrühten und verbrauchten Mann in Marius Müller-Westernhagens „Der Junge auf dem weißen Pferd“. Allen drei sieht man die Spielfreude an, mit der sie als Lausejungs die Nerven ihrer Mütter strapazieren.

Die haben es in sich: Christine Reinhardt kann in dieser Produktion ihre kabarettistischen Talente voll ausspielen. Wenn sie den Bengels die Moritat „Sie war ein Mädchen“ vor Augen hält, wissen auch die frechsten Jungs auf der Bühne, dass der Spaß aus Sicht einer strengen Mama Grenzen hat.

Maria Tosenko, als Repetitorin neu am Hessischen Landestheater, ist eine Bereicherung für das Ensemble. Die in St. Petersburg ausgebildete Pianistin und Dirigentin hat den Liederabend musikalisch mit dem Ensemble einstudiert: Mit ihrer klassisch geschulten, warmen Alt-Stimme setzt sie leuchtende Akzente, Schwierigkeiten hat sie allerdings, wenn sie einmal „schmutzig“ oder verrucht klingen muss.

Das ist für Regina Leitner kein Problem. Sie hat zurzeit einen großartigen Lauf am Landestheater, ist die derzeit wohl kompletteste Schauspielerin des Ensembles: Regina Leitner kann ausgezeichnet tanzen, hat einen sicheren Mezzo-Sopran und verfügt über das Talent, sowohl Reinhard Mey als auch Sinead O'Connors „Red Football“, einer der vielen Höhepunkte der Show, zu interpretieren. Selbst Janis Joplins Whisky-getränktes „Cry Baby“ macht ihr kaum Probleme.

Kurzum: Wer die Marburger „Sekretärinnen“, ebenfalls ein Liederabend von Wittenbrink, gemocht hat, wird die „Mütter“ lieben. Der Liederabend bietet zugleich wunderbar leichte wie intelligente Unterhaltung – nicht nur für Mütter.


Marburger Neue Zeitung

Premiere im Landestheater

Böse Jungs und starke Mütter 07.02.2005

Von Kristina Knorz Tel.: (06421) 16 99 90 E-Mail:redaktion.mnz@mail.mittelhessen.de

Marburg. Sie lassen es krachen: Die bösen Jungs und starken Mütter im neuesten Stück vom Hessischen Landestheater Marburg und heizen dem Publikum musikalisch ein. Die drei Schauspielerinnen und drei Schauspieler rocken und schnulzen, was die Stimmen hergeben und sind herzergreifend, provokativ und absolut unterhaltsam. Am vergangenen Samstagabend fand die Premiere von "Mütter" mit Live-Musik von der Sachs-Band im ausverkauften Theater am Schwanhof statt: Und erst nachdem die Darsteller nach langem Applaus noch eine Zugabe sangen, waren die Zuschauer zufrieden und ließen Mütter und Söhne nach erfolgreicher Premiere zum Sekt greifen.

Erfolgsautor Franz Wittenbrink vereint unter dem Titel "Mütter" Musik von den Beatles über Björk bis Reinhard Mey, um Lust und Frust von Liebe, Familie und dem sogenannten Mutterglück zu kommentieren.

Intendant Ekkehard Dennewitz kippte für "Mütter" das geplante musikalische Programm zu Friedrich Schiller aus dem Spielplan und landete mit Wittenbrinks Revue einen Treffer: Die eineinhalb Stunden Spieldauer vergehen im Handumdrehen.

Wittenbrinks Vorlage besteht aus einer Partitur mit 55 Liedern, die keine Angaben zu Ort und Handlung liefert. Dennewitz inszeniert das Stück auf einem angedeuteten Spielplatz. In einem Sandkasten, der aussieht wie ein großes Planschbecken, laden die "Mütter" Regina Leitner, Christine Reinhardt und Maria Tosenko ihre Sprösslinge (Christian Holdt, Daniel Kuschewski, Matthias Steiger) ab und setzen sich strickend in den Hintergrund.

Mit Witz und Tempo entstehen zu den Liedern kleine Szenen, die "Mütter" zu einem Bilderbogen der kleinen und großen Sorgen und Freuden des Liebes- und Familienalltags werden lässt. Ob die Kinder zanken, die Mütter Freundschaft schließen oder der Vater die Familie verlässt: alles wird musikalisch umgesetzt.

Auffallend an der Marburger Inszenierung: Die Frauen singen fast doppelt so viel, wie ihre männlichen Kollegen. Ist dieser Umstand vielleicht dem Thema "Mütter" geschuldet? Jedenfalls brillieren die Darstellerinnen gesanglich.

Die absolute Stärke der "Bengel" liegt in ihrer aufrührerischen Kraft: Ihr Auftritt bringt Tumult, Spaß und Provokation. Ob sie zu Joe Cockers "You are so beautiful" Barbie-Puppen ausziehen, anzügliche Reime in Lee Marvins "Wandering Star" einflechten oder zu "Always on the run" von Lenny Kravitz abrocken.

Wunderbar: Christine Reinhardts ergreifende Altstimme, ob als Rockröhre oder in Liebesballaden. Herausragend auch Regina Leitner: Sie vereint schauspielerisches und gesangliches Talent auf höchstem Niveau. Ein rundum gelungener und unterhaltsamer Abend.

Das Landestheater zeigt "Mütter" morgen und übermorgen jeweils um 20 Uhr im Theater am Schwanhof. Weitere Vorstellungen finden am 23. Februar und am 17. und 24. März statt.


Marburger Forum

Franz Wittenbrink ist der „Erfinder“ eines neuen Theatergenres: des Liederabends. Aus bekannten Schlagern und Popliedern der letzten Jahrzehnte stellt er Themenabende zusammen, in denen Geschichten über Menschen in ihrer komisch-unterhaltsamen Alltagsbanalität „erzählt“ werden. Begonnen hat die Wittenbrink-success-story seinerzeit unter dem renommierten Intendanten des Hamburger Schauspielhauses, Frank Baumbauer, mit Sekretärinnen, einem Stück, das auch am Hessischen Landestheater gezeigt wurde. Mittlerweile werden Wittenbrinks Liederabende auf den großen Bühnen in Berlin, München und anderen Städten uraufgeführt, meist über Monate und Jahre mit Erfolg gespielt und von vielen mittleren und kleineren Bühnen nachinszeniert. Der siebenundfünfzigjährige Wittenbrink – als Kind schon bei den Regensburger Domspatzen, später Student der Soziologie, Mitgründer des Kommunistischen Bundes Westdeutschland, Müllfahrer, Maschinenschlosser und Klavierbauer, aber auch immer wieder und verstärkt seit den achtziger Jahren Musiker – ist, wie die FAZ einmal formulierte, „der Joker des deutschen Musiktheaters. Er weiß, was gespielt werden muss, damit die Leute zuhören.“

Dabei ist sein Rezept einfach: Wittenbrink wählt Lieder und Songs aus, von denen die meisten Zuhörer wenigstens Melodiesplitter im Kopf haben, die zum Mitsingen, Mitsummen einladen, die in eine nostalgische Stimmung versetzen und einen Sog aus Behaglichkeit und kitschigem Einlullen entwickeln, aber auch poppig-wild und jazzig-anspruchsvoll daherkommen. Déjà-vu-Erlebnisse sind mit den einzelnen Liedern garantiert und sichern ihnen wohlwollende Aufmerksamkeit.

Der Erfolg der Liederabende ist damit aber noch nicht erklärt. Dass aus der Song- und Liederfolge kein unerträglicher Schnulzen- oder einfallsloser Popmix, sondern – im Gegenteil – ein im guten Sinn unterhaltsamer Liederabend wird, liegt an Wittenbrinks intelligenter Liedzusammenstellung und an dem thematischen Rahmen, unter dem er seine Lieder bündelt und mit dem er den Theaterleuten vielerlei Möglichkeiten der gesanglichen Darbietung und spielerischen Umsetzung bietet, den Zuschauern die kitschig-verträumte Hitparadenatmosphäre (längst) vergangener (Jugend)Jahre in Erinnerung ruft und ihnen ein ironisch-distanziertes Schmunzeln über sich selbst ermöglicht. Die Lieder stellen sich gegenseitig in Frage, das eine bricht die Stimmung des vorangegangenen, die eine Melodie zerstört den melodischen Zuckerguss der nachfolgenden, die eine Zeile entlarvt die lächerliche Süße der anderen, das eine musikalische Klischee reibt sich an dem der anderen Lieder: Und auf einmal verschwinden, wie im Falle der Mütter, aus Songs wie „Born to be wild, „Always on the run“, „You are so beautiful“, „Wandering Star“, „Manchmal weinst du“ und „Mamma mia“ der hohle Peter Alexander-Schnulzen-Sound und das falsche Abba-Klischee und die leeren Steppenwolf-Versprechungen. Es entstehen Bilder von wilden Tollereien auf Spielplätzen, vom Entdecken unbekannter sexueller Phantasien, von übertriebenen „Müttersorgen“ und dem ungebändigten Ansturm der Kinder gegen die Mütter und ihren Ausbruchsversuchen in eine Nicht-Mütter-Welt.

Dennewitz, die rhythmisch gut aufgelegte Sachs-Band und ein spielfreudiges Ensemble machen am Hessischen Landestheater aus Wittenbrinks Vorlage ein amüsantes Spiel um die kleineren und größeren Dramen und Konflikte rund um den Sandkasten. Aus den klischeebeladenen Pop- und Schlagervorlagen baut Dennewitz szenische Zusammenhänge, in denen die sattsam bekannten Mütterrollen aus dem Alltag während eines Liedes kurz angespielt und gleich wieder ausgeblendet werden. Die genervte und gestresste Mutter steht neben der beruflich überlasteten, die ständig mit ihrem Handy hantiert, die sexy Mutter neben der emotionssüchtigen, die sich mit Tränen in den Augen an ein Nana Mouskouri-Konzert erinnert, die Mutter, die gerne einmal zu Elvis Presleys „Hound Dogs“ ausflippen möchte, neben der Mutter, die wie zum ewigen Schwur mit den beiden anderen Leidensgenossinnen zur Melodie von „Freundinnen müsste man sein“ die Hände übereinander legt. Und ständig sind alle Mütter auf dem Sprung, ihre Kinder im Sandkasten zu trösten, sie von Raufereien zurückzuhalten, sie zu ermahnen und ihnen Manieren beizubringen, bevor sie sich wieder erschöpft auf ihre Bank setzen und zum Strickzeug greifen.

Dennewitz` Schauspielerinnen und Schauspieler setzen Wittenbrinks Lieder und die Regieeinfälle in ein temporeiches Spiel mit immer wieder neuen Charakteren und zuweilen aberwitzigen Spielsituationen um. Das Männer-Ensemble macht den Bühnen-Sandkasten zu einem chaotischen Spielplatz; vor allem in den Rauf- und Balgszenen können Christian Holdt, Daniel Kuschewski und Matthias Steiger ihre komödiantischen Talente zeigen. Allerdings werden sie von den drei Frauen, den erfahrenen Müttern eben, ganz schön an die Wand gesungen. Maria Tosenkos Interpretation des Beatles-Lieds „I´m so tired“ oder des Elvis Presley-Welthits „Hound Dogs“ sind hörens- und sehenswert. Ihre gesangliche Sicherheit und musikalische Ausstrahlung lassen zuweilen die nicht ganz unbedeutenden Vorbilder vergessen. Christine Reinhardt hat beeindruckende Szenen, wenn sie den Kindern im Sandkasten das bitterböse Märchen vom toten Kind erzählt oder mit der gehörigen Portion Melancholie und Ironie das Lied „Er war gerade 18 Jahr“ interpretiert. Ihre Auftritte vor allem zerstören endgültig jedweden Schlager-Zuckerguss, der vielleicht – ungewollt – noch irgendwo durchschimmern könnte. Großartig trägt Regina Leitner ihre Songs vor. Lieder wie „Manchmal weinst du“, „It´s oh so quiet“ oder – zusammen mit Maria Tosenko“ – „Cry Baby“ weisen sie als vielseitige und begabte Schauspielerin-Sängerin aus. Ihr Auftritt in den Müttern jedenfalls fügt ihrer beachtlichen Zahl von wichtigen Rollen am Hessischen Landestheater eine neue hinzu, die den Zuschauern im Gedächtnis bleiben wird. (Schade, dass durch den Einfall, „When I fall in love“ auch wörtlich übersetzt in Deutsch singen zu lassen, Leitners packende Darbietung des Lieds etwas zerstört wird.)

Ein Abend wie Mütter hat im Programm des HLT gefehlt. Dennwitz` Entscheidung, den Schiller Balladenabend abzusetzen und durch dieses musikalische Potpourri zu ersetzen, ist vom Premierenpublikum mit viel Beifall aufgenommen worden. – Am 1000 Plätze fassenden Großen Haus des Düsseldorfer Schauspiels, an dem Mütter entstand und uraufgeführt wurde, läuft der Wittenbrink-Abend seit zweieinhalb Jahren mit mittlerweile knapp hundert fast immer ausverkauften Vorstellungen. Es ist ziemlich sicher, dass Mütter auch in Marburg ein Erfolg werden wird. Schauspielerinnen, Schauspieler und Leitung hätten ein großes Publikum verdient.

Herbert Fuchs

Gießener Anzeiger

Altbekannte Schlager in verblüffender Umdeutung

Spritzige Revue über ein heikles Thema ÿ „Mütter“ ist eine respektlose Comedyshow Von Klaus- J. Frahm

MARBURG. „Ich habe dich im Nana-Mouskouri-Konzert gesehen und du hast geweint“, sang Christine Reinhardt. Sie war eine der drei Mütter, die mit ihren Sprösslingen den Spielplatz besuchte. Dieser Spielplatz war auf der Bühne des Tasch 2, des kleinen Theatersaals im Landestheater Marburg, aufgebaut, und was die Mütter und Söhne so sangen, war teilweise von umwerfender Komik. Die pfiffig-bösartige Revue „Mütter“, von Franz Wittenbrink hatte Premiere, und der Saal war am zweiten Premierenabend wie am ersten komplett ausverkauft. Mit der Sachs-Band war für professionelle musikalische Begleitung gesorgt, und die Musiker um Jürgen Sachs intonierten jeden geforderten Sound ÿ von den Temptations bis zu Steppenwolf. Die anderen Mütter neben Christine Reinhardt waren Regina Leitner, die als Sinead O’Connor eine ebenso gute Figur machte wie als gestresste Allleinerziehende, und Maria Tosenko, die als toughe Mama im Minirock umwerfend komisch beklagte, dass die Männer nur ihren Körper wollten. Christian Holdt, Daniel Kuschewski und Matthias Steiger spielten die drei hoffnungsvollen Sprösslinge, die sich im Sandkasten prügelten und an Barbiepuppen pubertäre Interessen zeigten. Bekannte Stücke aus Rock, Pop und Schlager bekamen durch leichte Umtextungen und konterkarierende Gestik verblüffend neue Bedeutungen, etwa wenn die drei Buben mit Spielzeuggewehren herein stürmen, nachdem die Mütter Gröhnemeyers „Kinder an die Macht“ voller Inbrunst gesungen hatten. Intendant Ekkehard Dennewitz hatte selbst inszeniert und mit geschickten Kürzungen die ärgsten Längen der Revue ein wenig beseitigt. Auch das Finale, ein „Liederreigen für eine bessere Welt“ hatte er wohltuend abgekürzt und damit etwas erträglicher gemacht. Wittenbrinks Revue hätte allerdings durchaus noch ein paar Straffungen mehr vertragen, selbst auf eineinhalb Stunden gekürzt beiben doch einige Hängepartien. Musikalisch und szenisch war die Abfolge bekannter Schlager allerdings gut umgesetzt und das Publikum dankte mit starkem Applaus.


Gießener Allgemeine

Launige Sandkastenspiele

Das musikalische Programm »Mütter« hatte am Landestheater Marburg Premiere

Nein, ein herzergreifendes »Mama« im Stile von Heintje wird nicht angestimmt. Dann schon eher ein flottes »Mamma mia« der Kultgruppe Abba. Denn die drei »Mütter« dieses Programms, das Franz Wittenbrink nach bewährter »Sekretärinnen«-Manier erfolgreich zusammengestrickt hat, haben schließlich Pep und wollen was erleben, auch wenn ihnen ihre drei Bälger beim Spielen im Sandkasten immer wieder Nerven kosten. Schon Reinhard Mey beschreibt in seinem Lied »Alle guten Dinge sind drei«, das Regina Leitner herrlich komödiantisch interpretiert, wie stressig der Alltag mit Kindern ist.

Die Songs sind bunt gemischt an diesem kurzweiligen Abend, den Ekkehard Dennewitz mit viel Sinn für Situationskomik im Marburger Theater im Schwanhof in Szene gesetzt hat. Da werden Küchenlieder wie »Sie war ein Mädchen von 14 Jahren« ebenso lustvoll von Christine Reinhardt zum Besten gegeben, wie die rockige Männer-Nummer »With a little help from my friends«. Nicht immer übrigens ist der rote Faden deutlich zu erkennen. Doch das macht nichts, schließlich haben Zuschauer wie Interpreten Spaß an den launigen Auftritten zur Live-Musik der Sachs-Band.

Ein erster Höhepunkt ist erreicht, als die frechen Jungs mit der Batschkapp zum Joe-Cocker-Hit »You are so beautiful« neugierig Barbie-Puppen erforschen. Später dann werden sie sich mit ihren Müttern zu einer fabelhaften Percussions-Einlage mit Plastikeimer, -schippe und -harke steigern: »Papa was a rolling stone«. Denn die Väter sind diesen Kindern irgendwie abhanden gekommen, und so wissen ihre Mütter »Freundinnen« ganz besonders zu schätzen.

Das Gesangsteam ergänzt sich ideal. An vorderster Front und immer wieder gern anzuhören: die wandelbare Regina Leitner, die die Peter-Alexander-Schnulze »Manchmal weinst du…« genauso gefühlvoll singt wie das aggressive »Red Football« von Sinead O’Connor. Christine Reinhardt hat ihren stärksten Auftritt mit Dalidas »Er war gerade 18 Jahr«. Sie versteht sich mehr auf den Sprechgesang, ein wohltuender Kontrast zu der klassisch ausgebildeten Stimme von Maria Tosenko, die besonders bei den langsamen Nummern »I’m so tired« oder »Smile« gefällt. Die gebürtige Russin aus St. Petersburg hat auch die musikalische Einstudierung übernommen.

Komplettiert wird die Runde durch Christian Holdt, Daniel Kuschewski und Matthias Steiger, die in Temperament und Gesang ihren »Müttern« in nichts nachstehen. Übrigens: Wie absurd englische Texte – wörtlich ins Deutsche übersetzt– klingen, das führen Leitner und Holdt in ihrem Duett »When I fall in love« hier ebenfalls höchst genüsslich vor. Marion Schwarzmann

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