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Franz Wittenbrink
LUST


Premiere: 24. März 2007, TASCH

Fotos link |

Besetzung:
Inszenierung/Ausstattung -
Musikal. Einstudierung -
Musik -
Dramaturgie -

Regieassistenz/Inspizienz -
Soufflage -
Ekkehard Dennewitz
Maria Tosenko
Sachsband
Jürgen Sachs

Juliane Nowak
Kerstin Reinsberg
LUST

Darsteller:
Uta Eisold | Franziska Knetsch | Franziska Endres | Ulrike Knobloch | David Gerlach | Thomas Streibig

Band:
Sachs-Band

Technische Leitung - Fred Bielefeldt | Beleuchtung - Susann Förster | Requisite - Margarita Belger | Maske - Grit Anders | Ton - Ronald Strauß | Garderobe - Elisabeth Müller | Schneiderei - Eva Nau

Stück:

Wieso geht die Lust nie verloren?

Ein neues musikalisches Programm, das sich mit denen beschäftigt, die nicht im Rampenlicht stehen auf der Reepebahn nachts um halb eins, die sich nicht entblößen müssen, um Lust zu haben. Im Raum einer Table-Dance-Show kommen diejenigen zu Wort, die dort sonst nichts zu suchen haben: Die Mitarbeiter der Putzkolonne, der Pizza- und der Postbote, ein türkischer Polizist, ein Vater, der seine geflohene Tochter sucht, ein verirrter Zuschauer und die Zeitungsfrau von der Ecke. Ein szenischer Liederabend, in dem nicht geredet wird. Was die Menschen zu sagen haben, singen, flüstern oder schreien sie sich von der Seele – immer mit Musik. In der Konfrontation der Lieder, vom Volks- oder Kirchen- über das Kunstlied bis zum Rocksong oder Schlager, entstehen Dialoge, Situationen und am Ende eine ganze Geschichte. Die meisten dieser Lieder glaubte man zu kennen, bis man sie hier wieder ganz neu hören kann...


Pressestimmen:

Marburger Neue Zeitung

Gelungene Premiere mit dem unterhaltsamen Stück "Lust" von Frank Wittenbrink

Damen singen mit dem Schrubber

28.03.2007

Marburg. (mm). Mit viel Beifall wurden die Schauspieler und Musiker des neuen Musiktheaterstücks "Lust" belohnt. Das Hessischen Landestheater in Marburg feierte damit Premiere.

Intendant Ekkehard Dennewitz hat das Stück aus der Feder von Franz Wittenbrink für die Marburger Bühne inszeniert. Nach "Sekretärinnen" und "Mütter" ist es das dritte Stück des Hamburger Erfolgs-Autors, das in Marburg gespielt wird.

Vier Putzfrauen, dargestellt von Uta Eisold, Franziska Endres, Franziska Knetsch und Ulrike Knobloch, treffen sich morgens um sechs in einem Table-Dance-Lokal auf der Hamburger Reeperbahn, um den Dreck der vorangegangenen Nacht zu beseitigen. Jede von ihnen hat Träume und Sehnsüchte und Hoffnung auf ein besseres Leben. Diese Gefühle drücken sie musikalisch als Solo, im Duett oder als Frauen-Ensemble aus.

Uta Eisold eröffnet das Programm als gealterte Ex-Stripperin mit dem Hildegard-Knef-Stück "Ich zieh mich an". Es folgt Ensemble-Neuzugang Franziska Knetsch, die mit "La Paloma" ihre gesanglichen Fähigkeiten eindrucksvoll demonstriert. Franziska Endres verführt das Publikum mit "I wanna be evil" und erfährt dabei von ihren Kolleginnen, dass sie für das Putzen und nicht zum Tanzen eingestellt wurde. Als Quartett stimmen die "Putzen" den "Reeperbahn-Reggae" an, der den roten Faden durch das Stück bildet.Ein Darsteller-viele Rollen Besonders beeindruckt der künftige Oberspielleiter David Gerlach, der gleich in mehreren Rollen zu sehen ist. Erst ist er der lüsterne Fleischer von nebenan, dann der fiese Schutzgelderpresser, ein sehr schüchterner Matrose, dann ein überkandidelter Inspektor des Ordnungsamtes und schließlich der Barbesitzer. Auch Thomas Streibig überzeugt als Philosoph Paul, der in einem Schrank des Etablissements sein Refugium gefunden hat, die Putzfrauen mit Nietzsche-Zitaten beglückt und mit Schnaps belohnt wird.

"Lust" ist zwei Stunden lang kurzweilige musikalische Unterhaltung mit einer Bandbreite von Tina Turner über Frank Sinatra bis hin zu von Schubert und dem Buena Vista Social Club.





Marburger Forum

Am Bühnenhintergrund rechts oben leuchtet immer wieder ein feurig-rotes Herz mit der Inschrift „lust“ auf, das keinen Zweifel daran lässt, wo die kleine Geschichte aus Liedern spielt: in einem Lustmeilen-Etablissement. Allerdings ist es keine leicht verruchte, zwielichtige, „reeperbahnige“ Rotlichtmilieu-Handlung, die zwischen den roten Barmöbeln und messingglänzenden Strip-Stangen auf der Bühne abläuft, sondern eher das Gegenteil: nur eine Schrubberrevue eben, mit Putzfrauen anstelle von Bardamen, mit Möchtegern-Stripperinnen anstelle von Nackttänzerinnen, ohne Barmixgeräusche und Lebedamen und Lebeherren mit Champagnergläsern in der Hand, eine Revue mit Liedern, die nur ein bisschen anzüglich sind, ein bisschen aggressiv, ein bisschen melancholisch verträumt, ein bisschen zu brav insgesamt, begleitet von einer swingend und poppig aufspielenden Sachs Band, die während der Show leider hinter einem halb-durchsichtigen Gaze-Vorhang versteckt bleibt, mit Andreas Jamin (Posaune, Keyboard), Stefan Gebhardt (Klavier, Keyboard), Stefan Schneider (Gitarre), Jürgen Sachs (Bass), Jochem Görtz / Jürgen Stroth (Schlagzeug) und Stefan Waldeck (Arrangements).

Franz Wittenbrink hat die Liedfolge zu einer Revue über Putzfrauen in einer Bar am helllichten Tag, nicht in einer wilden Bar-Nacht, zusammengestellt. Und wie immer in seinen „Song-Theaterstücken“ hat er Lieder ausgesucht, die bekannt, manchmal wahre Gassenhauer sind, hat die Musik auf Schauspieler hin arrangiert und eigene Texte und Lieder geschrieben und einen roten Handlungsfaden ausgedacht, der die Songs zu einer Mini-Geschichte voller Ironie und Spott, auch voller Träumereien, ohne Angst vor Kitsch und falscher Romantik, bündelt. Wittenbrink stellt seine Songs in einen Kontext, in dem sie verfremdet und ironisiert werden und die Stimmung des einen Liedes durch die des anderen gebrochen und wieder aufgehoben wird. Wenn alles zusammenpasst, entsteht ein Unterhaltungsabend, der die Zuschauer durchaus ein wenig „aus den Sesseln“ heben kann. Mütter, vor einigen Jahren auch am HLTH erfolgreich inszeniert, ist ein solcher Musikabend.

Die Wittenbrinkschen Shows scheinen allerdings nach so vielen Aufführungen an so vielen Theatern, kleinen wie großen, mit teilweise jahrelangen Repertoire-Erfolgen in Gefahr zu sein, doch ein wenig in Routine zu erstarren. Wittenbrinks Konzept von Musikproduktionen greift allzu oft auf die gleichen Muster zurück, die mittlerweile wenig Überraschungen enthalten; seine Revuen und Shows sprühen zwar Funken, aber es sind Funken, die schnell verglühen.

Regisseur Dennewitz versucht, aus der Vorlage einen unterhaltsamen Abend zu machen. Eine prickelnde Lust-Bar-Stimmung stellt sich dabei nur gelegentlich ein. Die vier Spielerinnen Uta Eisold, Franziska Endres, Franziska Knetsch und Ulrike Knobloch bringen sowohl die melancholischen wie die aggressiven Lieder einigermaßen revuemäßig über die Bühnenrampe. Und Beine zeigen und schmeißen können sie allemal. Sie treten in unterschiedlichen Rollen auf: Franziska Knetsch singt „La Paloma“ und „Veinte anos“ und verbreitet so am Anfang und dann wieder am Ende etwas südländischen Flair auf der Schrubberinnen-Bühne. Ulrike Knobloch ist die „Russin“ unter den vier Frauen. Ihr Dreigroschen-Rap mit dem „Seeräuber-Jenny-Lied“ sorgt für einen Hauch von Brechtscher Aufmüpfigkeit zwischen Putzwagen und Barhockern. Franziska Enders verirrt sich eigentlich nur zufällig unter die Schrubberinnen. Sie singt „I wanna be evil“, möchte eigentlich Stripperin sein, endet aber, ob sie will oder nicht, mit Staubtuch und Staubwedel und bekennt singend ganz unverhohlen: „Ich bin so schusselig“. Zu Form laufen die vier Akteurinnen auf, wenn sie im Ensemble singen, den „Reeperbahn-Reggae“ zum Beispiel oder, eine der besseren Nummern des Abends, „Lady Marmalade“. Dabei schrecken sie auch vor „kalauerndem“ Spiel nicht zurück. So singen sie schmachtend das Lied „Only you“ und führen dabei einen Tanz auf, bei dem sie mit ihren Besenstielen eine XXL-Männerunterhose von Stiel zu Stiel anzüglich weitergeben und wie eine Spottfahne hochhalten.

Den Witz der Revue sollen zwei weitere Figuren verstärken: Thomas Streibig als Trinker, der gelegentlich wie aus einer fernen Welt in die Runde der Frauen hineinplatzt, Textfetzen aus Goethe-und Heine-Gedichten rezitiert, Nietzsche-Weisheiten aller Art von sich gibt und mit einer Flasche Whisky wieder in seinem Unterschlupf verschwindet, und David Gerlach, der in ständig neuen Verkleidungen verschiedene Figuren darstellt: einen Geld eintreibenden Zuhälter zum Beispiel oder einen Matrosen oder einen Ordnungsbeamten, der das Etablissement schließen will.

Herbert Fuchs



Marburg News

Marburg * (mjb)
Wie passen Chanson, Kirchenlied, Rock und Rap musikalisch zusammen? Dieser Frage konnte man in der Revue "Lust" von Franz Wittenbrink nachgehen. Sie feierte am Samstag (24. März) im Theater am Schwanhof Premiere.
Der Liederabend wurde bereits 2006 im St.-Pauli-Theater uraufgeführt. In der Inszenierung des Hessischen Landestheaters führte dessen Intendant Ekkehard Dennewitz Regie. Schauplatz des musikalischen Spektakels war eine Tabledance-Bar auf der Reeperbahn. Im Mittelpunkt standen aber nicht die Tänzerinnen und der alltägliche Betrieb auf dem Kiez. In der "Schrubber-Revue" drehte sich alles um Menschen, die eigentlich Jenseits der Aufmerksamkeit des Publikums stehen. Die Frauen der Putzkolonne, die am frühen Morgen mit ihrer Arbeit eginnen, hatten das Wort.
Verkörpert wurden sie von Uta Eisold, Franziska Knetsch, Franziska Endres und Ulrike Knobloch. Singend und tanzend erzählten sie von ihrem Arbeits-Alltag, von ihren Träumen und Ängsten. Da erfuhr man von der Not, einen Trinker zum Ehemann zu haben und vom alltäglichen Kampf, von einem sehr geringen Gehalt oder sogar von Hartz IV zu überleben. Es ging um den Traum, nicht mehr jeden Tag putzen zu müssen, sondern auch einmal im Rampenlicht zu stehen. Und natürlich ging es um die Suche nach der großen Liebe. Neben den Frauen trat Thomas Streibig in der Rolle des gealterten Philosophen Paul auf, der in eine der Damen aus der Putzkolonne verliebt war und ständig Gedichte zitierte. Darüber hinaus tauchten in kleineren Nebenrollen ein albanischer Schutzgeld-Erpresser, der Bar-Besitzer und ein Ordnungsbeamter auf. In diesen drei Nebenrollen war David Gerlach zu sehen. Alle diese höchst unterschiedlichen Charaktere agierten im Rahmen einer Show, die weitgehend ohne Dialoge auskam. Was sie zu sagen hatten, teilten die Protagonisten in sehr verschiedenen Liedern mit. Die von der Sachs-Band gespielte Musik stand dabei im Mittelpunkt. Kunstlieder standen neben Kompositionen von Robbie Williams oder Tokio Hotel. Schlager wechselten sich mit rockigen Stücken von den Beatles oder Janis Joplin ab. Manche Lieder wurden mit ihren ursprünglichen Texten vorgetragen. Andere waren neu getextet und den singenden Personen auf den Leib geschrieben. Aus der Gesamtheit der Lieder und Szenen ergaben sich dann nach und nach die Geschichten der beteiligten Personen. Das Publikum erlebte einen sehr abwechslungsreichen musikalischen Abend. Die Sachs-Band überzeugte durch ihr virtuoses beherrschen der vielen verschiedenen Musik-Stile. Sie verstand es vor allem bei den rockigen Stücken, das Publikum mitzureißen. Auch die Schauspieler begeisterten mit ihren gesanglichen Fähigkeiten. Besonders die Damen der Putzkolonne meisterten die oft mehrstimmigen Gesangs-Arrangements brillant. Man fragte sich nach jedem Lied, mit welchem Stil und welcher Stimmung einen das Ensemble als nächstes überraschen würde. Was musikalisch sehr amüsant war, überzeugte dramaturgisch leider aber weniger. Die Absicht, mit Liedern eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen, wurde nur bedingt umgesetzt. Die Geschichten und Charaktere blieben recht oberflächlich. Vieles wurde zwar angesprochen, konnte aber nur durch Musik und Tanz nicht vertieft werden. Zum Beispiel wurde die Problematik Hartz IV zwar mehrfach angesprochen, doch hatte sie für den Verlauf der Geschichte kaum Bedeutung. Durch die musikalische Vielfalt vermisste man häufig den roten Faden der Geschichte. Im Kontext der Handlung wirkte die Auswahl der Lieder stellenweise etwas willkürlich. Hervorzuheben ist eine der wenigen nur gesprochenen Szenen, die einen Höhepunkt des abends darstellte. Der Auftritt des Ordnungsbeamten wurde vom Publikum besonders positiv aufgenommen. In satirisch überzeichnender Weise wurde die Regulierungswut der Ordnungsbehörden im Gaststätten-Gewerbe aufs Korn genommen. David Gerlach sprudelte in der Rolle des peniblen Ordnungsbeamten nur so über von mehr oder weniger Sinnvollen Verordnungen und DIN-Normen. Insgesamt war die nicht ganz ausverkaufte Premiere ein sehr unterhaltsamer, aber qualitativ etwas durchwachsener Abend. Musikalisch war die Revue sehr abwechslungsreich und bot viele Überraschungen. Aus der originellen Idee, in einem Liederabend die Situation des Reinigungspersonals auf dem Kiez zu thematisieren, hätte man allerdings wesentlich mehr machen können.

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