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GRIMM - PROJEKT

Premieren: 7. Februar 2009 TASCH


Ein Brüder-Grimm-Projekt
zum Themenjahr „Literaturland Hessen 2009“

Zum Themenjahr „Literaturland Hessen 2009“ veranstalten wir ein Projekt über die Brüder Grimm, die 1803-1806 in Marburg studiert haben und durch ihre Märchensammlung weltberühmt geworden sind. Dabei möchten wir die bekannten Märchen neu hinterfragen und in unterschiedlichen Gestaltungsformen präsentieren. Ein „grimmiges Projekt“ – nicht nur über die Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat...

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Marburg
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Fitzgerald Kusz
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Presse:

Marburger Neue Zeitung

Märchen wenden sich an „Große“ Dreier-Premiere im TASCH

Dass die Märchen der Brüder Grimm auch Erwachsene faszinieren können, bewies das Hessische Landestheater Marburg im Theater Am Schwanhof (TASCH) am Samstag vor 300 Besuchern mit den Premieren von „Hänsel und Gretel“, „Der Fischer und seine Frau“ und „Ein Sommer in der Hölle“. Zuvor hatte es im Rahmen des Grimm-Projekts schon zwei Premieren für Kinder gegeben.

In „Hänsel und Gretel – Ein Familiendrama von Fitzgerald Kusz nach Grimm“ flucht und zankt das gesamte Märchenpersonal. Allen voran die Buschmesser wetzende Hexe, der die Schauspielerin Franziska Knetsch einen bayerischen Dialekt verpasst. In dieser Inszenierung reißt Oberspielleiter David Gerlach Vater, Mutter und Kinder aus der Märchenwelt und setzt sie im Bayern der Gegenwart aus. Die Grenze zwischen Gut und Böse ist verwischt. So spielt Bastian Michael einen Lümmel von Hänsel, der den lieben langen Tag am Fernsehbildschirm klebt, und Regina Leitner eine Göre von Gretel, die sich mit platinblonder Perücke auf einer Matratze räkelt. Spannend ist diese Märchenversion für Fortgeschrittene deswegen, weil sich die Figuren von den Märchenschablonen emanzipiert haben. Sie haben Ecken und Kanten, sind unberechenbar. Denn dieser Gretel ist es zuzutrauen, dass sie der Hexe hilft, den Hänsel zu schlachten.

Unerwartet komisch inszeniert Intendant Ekkehard Dennewitz das Märchen „Der Fischer und seine Frau – von Einar Schleef nach Grimm“. Eigentlich ist es ein Märchen, das schwer im Magen liegt. Führt es dem Zuschauer doch vor Augen, wie die unersättliche Gier der Fischerfrau Ilsebill damit bestraft wird, alles zu verlieren. Doch Stefan Piskorz spielt den trostlosen Fischer TimpeTe so trottelig, dass Jürgen Helmut Keuchel immer wieder aus seiner Erzählerrolle aussteigt und mit Regieanweisungen nachbessern muss. Spätestens jedoch, wenn Projektionen von Börsenkursen über die Bühne flackern, wird die Moral der Geschichte offensichtlich: Würden doch auch Banker öfter mal in Grimms Märchen blättern.

Den Abschluss des langen Theatertages bildete die Premiere des Stücks „Sommer in der Hölle“. Gast-Regisseur Martin Neuhaus hat dafür Texte von Arthur Rimbaud und Songs von Nick Cave mit Musik von den Puhdys bis zu den Rolling Stones szenisch eingerichtet. Das Zwei-Personen-Stück mit Ulrike Knobloch und Daniel Sempf sowie der „Hell Sucks Band“ entführt in die abenteuerliche Welt der Kinderbücher und spannt einen Bogen zwischen den Grimms, Rimbaud und Cave und verteilt Seitenhiebe auf die Gesellschaft. Es waren die bösen und grausamen Geschichten, in denen Blut fließt und abgetrennte menschliche Gliedmaßen in den dunklen Kammern der bösen Zauberer und Hexen herumliegen. Die Schauspieler führten ihr Publikum fast zwei Stunden lang durch einen höllischen Märchenabend mit schaurigen Liedern und Texten. Ulrike Knobloch entwickelte dabei eine Dynamik, wie man sie schon lange nicht mehr auf einer Marburger Bühne gesehen hat. Sie überzeugte sowohl gesanglich als auch schauspielerisch. Besonders gut gefielen ihre Tanzeinlagen, mal als Go-Go-Girl in einem Club der 1970er-Jahre, bei dem das Publikum förmlich den Geruch von Marihuana roch, mal lässig-lasziv im Stil von „Cabaret“. Bühnen-Partner Sempf mühte sich zwar mit seiner Lee-Hazlewood-Stimme, die Lyrik von Cave mit Einflüssen von Dostojewskij über Faulkner bis Bob Dylan zu vermitteln. Unsicherheit zeigte er jedoch bei den Texten und den Songs. Zu oft musste die Souffleuse für das Publikum deutlich wahrnehmbar unterstützend eingreifen. Alles in allem war es ein sehr vergnüglicher, kurzweiliger, überraschender, lohnenswerter und unterhaltsamer Musiktheaterabend mit Live-Band.



OP

Lolita im Märchenwald

Drei Theaterstücke feierten im Rahmen des Grimm-Projekts des Hessischen Landestheaters am Samstag Premiere.

von Gabriele Neumann und Carsten Beckmann

Marburg. Hänsel und Gretel haben es nicht leicht. Erst recht nicht in der Inszenierung von David Gerlach, die am Samstag in der Premieren-Reihe „Grimm & Co.“ im Theater am Schwanhof auf dem Programm stand. Zwar mag es löblich erscheinen, das Märchen vom Staub zu befreien und in einen modernen Kontext zu betten. Was aber Oberspielleiter David Gerlach seinen Darstellern abverlangt, lässt viele Zuschauer ratlos zurück.

Gretel (Regina Leitner) muss viel kreischen und sich als Trachten-Lolita verdingen, Hänsel (Bastian Michael) wird zum Fernseh-Junkie ohne Durchblick degradiert. Der Vater (Michael Köckritz) verkommt zum billigen Waldarbeiter-Verschnitt im Loden-Look und Franziska Knetsch muss Mutter und Hexe in einer Doppelrolle geben, die beide Figuren undurchsichtig verschmelzen lässt.

Wer sich bei „Hänsel und Gretel“ eine knappe Stunde lang beim Zuschauen überanstrengt hatte, durfte am Samstag im Anschluss beim „Fischer und seiner Frau“ erleben, dass man Märchen auch im 21. Jahrhundert zeitgemäß erzählen kann. Zu diesem Zweck hat Intendant Ekkehard Dennewitz den Posten des Erzählers mit einem der großen Erzähler im Ensemble besetzt: Jürgen-Helmut Keuchel. Als Conferencier führt er mit lässigem Witz durch die plattdeutsche Fassung des Grimm-Märchens.

Den furiosen Schlusspunkt des Grimm-Premierenwochenendes setzte „Sommer in der Hölle“ mit Kunstnebel und falschem Blut, mit Sixpack und Stromgitarren. Die abgründig-düstere Melange aus Märchenszenen, Rimbaud-Texten und Nick-Cave-Songs erschloss sich nicht Jedem spontan. Ja, es schien zunächst, als ob auch Daniel Sempf und Ulrike Knobloch selbst richtig hart arbeiten mussten, um in den Rhythmus ihrer Produktion zu finden.



Marburg News

Es leben Grimms Märchen

"Hänsel und Gretel" und "Der Fischer und seine Frau" im TaSch

07.02.2009 - atn

Was haben eigentlich Märchen im Theater zu suchen? Märchen gelten doch eher als kurze Unterhaltungsform einer Mär, einer meist längeren Geschichte in altertümlicher Symbolsprache, die man den Kleinen im Bett erzählt oder sich gegenseitig in gemütlicher Runde. Schlägt man aber den Bogen über die Märchensammler Jacob und Wilhelm Grimm und ihren vorübergehenden Sammelort Marburg, an dem auch das Theater steht, in dem Märchen in diesen Tagen gespielt werden, dann macht die jüngste Aktion des Hessischen Landestheaters (HLTh) einen Sinn. Dabei feierten am Samstag (7. Februar) gleich mehrere Geschichten aus dem Grimmschen Märchengut ihre Premiere auf den Bühnen des Theaters am Schwanhof (TaSch). "Hänsel und Gretel" war eins davon. Es war in der Inszenierung von David Gerlach zu sehen und dauerte etwa eine Stunde. Bastian Michael als Hänsel und Regina Leitner als Gretel sind ebenso fantastisch in ihre Rollen geschlüpft wie Franziska Knetsch als Mutter der beiden Kinder und später als Hexe. Vater Michael Köckritz hatte als unterforderter Waldarbeiter einen eher frustrierenden Job. Aber immerhin konnte er dem in einem Bühnenbild nachgehen, das zunächst simpel-chaotisch erschien, sich dann aber doch als sehr einfallsreich und effektvoll herausstellte. "Hänsel und Gretel" bietet Theaterbesuchern mehr als man sich vielleicht zunächst vorstellt. Da das Stück für Zuschauer ab dem jungen Erwachsenen-Alter geschaffen wurde, erzählt es nicht die bloße Märchengeschichte. Obwohl das Bühnenbild eine vollkommen märchenfremde Szenerie schafft und man weder in den Wald geht noch Lebkuchen nascht, bleibt das Stück doch überraschend nah an der ursprünglichen Geschichte. "Hänsel und Gretel" erzählt von einer Familie, deren Lebensumstände und Beziehungen zueinander nicht gerade als ideal gelten können. Auch in der Welt um sie herum scheint einiges im Argen zu liegen. Es herrschen Frustration, Monotonie und Aggressivität. Trotz allem ist das Stück nicht bedrückend, sondern bringt mindestens so oft zum Lachen, wie es zum Nachdenken anregt. Ob es die Mundart der Hexe ist oder ein herrlich naiv gespielter Hänsel, auf der anderen Seite die Bosheit der Eltern oder die plötzliche Einsamkeit der Kinder - das Familiendrama von Fitzgerald Kusz befindet sich in einem wunderbaren Gleichgewicht zwischen dem Komischen und dem Tragischen. Mit "Hänsel und Gretel" ist es Kusz, Gerlach und sämtlichen Darstellern gelungen, ein Märchen zu überraschend viel Leben wiederzuerwecken. Das Wesentliche wurde dabei ebenso transportiert wie das Subtile. Es scheint, als wenn hinter einem belustigenden Theaterbesuch doch noch eine Menge mehr stecken kann, über das man hätte philosophieren können, hätte man sich nicht in die nächste Sitzung des Grimm-Marathons begeben. "Der Fischer und seine Frau" ist vielleicht etwas weniger bekannt als "Hänsel und Gretel". Das ist aber nicht schlimm, weil die Geschichte in der Inszenierung von Ekkehard Dennewitz fast originalgetreu wiedergegeben wird. Dass daraus auch noch ein Ohrenschmaus wurde, hatten die Zuschauer Jürgen Helmut Keuchel zu verdanken, der den gesamten Theatersaal mit seiner plattdeutschen Mundart direkt an die Mecklenburger Ostseeküste versetzte. Stefan Piskorz und Franziska Endres wollten zu Beginn eigentlich ein wenig Berthold Brecht singen, wurden von Keuchel, der später auch noch zum Butt mutierte, aber kurzerhand ausgebremst. So mussten sie dann gute 50 Minuten lang als "Timpe Te" der Fischer und seine Frau Ilsebill das Märchen von der unersättlichen Gier erzählen. Das taten die beiden auch überzeugend und ansprechend. Einfallsreich war auch das Bühnenbild und die Kostümierung des Keuchelschen Fisches. Insgesamt erschien das Stück - abgesehen von den Anspielungen auf die heutige Welt - jedoch etwas einfach umgesetzt. Den größten Teil seines Charmes zog es aus dem Mecklenburger Platt und der hervorragenden schauspielerischen Leistung Piskorzs. Aber ein Stück so nah am Original auf die Bühne zu bringen, muss man sich schließlich auch erstmal trauen. Und nach "Hänsel und Gretel" war eine einfach erzählte Geschichte vielleicht genau das Richtige für das bereits ziemlich strapazierte Zuschauer-Gehirn.

Anika Trebbin - 07.02.2009



Gießener Allgemeine

Bekannte Märchen in moderner Form
Landestheater Marburg feierte Premieren im Rahmen seines Grimm-Projekts

Es dürfte kaum jemanden geben, der nicht mit den weltberühmten Märchen der Brüder Grimm aufgewachsen ist. Wer denkt, dass die Geschichten über Hänsel und Gretel und den Fischer und seiner Frau nichts Neues mehr zu bieten haben, der wurde am Samstag in Marburg eines Besseren belehrt. Dort feierten am Hessischen Landestheater (HLTH) mehrere Bühnenstücke nach Grimmscher Vorlage Premiere. Hintergrund ist das Themenjahr »Literaturland Hessen 2009«, in dem das Landestheater Marburg ein Projekt über die Brüder Grimm veranstaltet, die von 1803 bis 1806 in Marburg studierten. Während am Nachmittag mit »König Drosselbart« und »Rotkäppchen 3D« zwei Stücke für Kinder aufgeführt wurden, richteten sich die Abendvorstellungen »Hänsel und Gretel« sowie »Der Fischer und seine Frau« in erster Linie an Jugendliche und Erwachsene. In David Gerlachs Inszenierung von »Hänsel und Gretel« ist von den braven Kindern des Grimmschen Märchens nichts mehr zu erkennen. Die pubertierenden Geschwister lümmeln sich zu Anfang faul auf ihren Matratzen. Der von Bastian Michael verkörperte Hänsel hängt mit Seppel-Lederhose und Augenklappe vor dem Fernseher, Regina Leitner ist als trotzige Gretel vor allem mit dem Nachziehen ihres roten Lippenstifts beschäftigt. Die Motive der Originalvorlage sind während des gesamten Stücks dennoch klar erkennbar: Der Vater hat finanzielle Sorgen, also überredet ihn seine Frau, überzeugend böse von Franziska Knetsch dargestellt, die Kinder im Wald auszusetzen. Sie landen schließlich in dem mit Schokolade und Bonbons besetzten Haus der alten Hexe, ebenfalls von Franziska Knetsch gespielt. Das Bühnenbild bleibt dabei immer gleich – zwei Matratzen, eine auf dem Boden liegende Tür und ein Elektroherd reichen für die szenische Umsetzung aus. Mit herrlich fränkischem Dialekt wird Knetsch von der vermeintlich netten Frau zur tobenden, gar messerwetzenden Hexe. David Gerlach bringt in seiner ganz eigenen, manchmal ein bisschen zu überdrehten Interpretation des Märchens immer wieder kleine zeitgemäße Anspielungen (»Yes we can!«). Am Ende bleibt die böse Hexe kopfüber in der Backröhre des alten Elektroherds stecken, eine köstliche Szene, die bei der Premiere für viele Lacher sorgte. Die Inszenierung des Stückes »Der Fischer und seine Frau« übernahm HLTH-Indendant Ekkehard Dennewitz höchstpersönlich. Launig erzählt Jürgen Helmut Keuchel darin auf Plattdeutsch die Geschichte über ungesunde Raffgier, zwischendurch verkörpert er mit grün-schimmerndem Fischkopf den Butt. Am Anfang leben der gutmütige Fischer Timpe Te, herrlich naiv dargestellt von Stefan Piskorz, und seine Frau Ilsebill (Franziska Endres) im wahrsten Sinne des Wortes in einem »Pisspott« – in einem Toilettenhäuschen aus Holz. Ein verwunschener Prinz in Gestalt eines Butts erfüllt ihnen den Traum von einem größeren Haus. Doch Ilsebill wird immer gieriger und drängt ihren Mann mehrfach, sich noch größere Dinge und mehr Macht zu wünschen. Als sie am Ende Gott sein will, bestraft der Butt beide, und sie landen wieder im »Pisspott«. Dennewitz’ Interpretation vom alten Märchen könnte kaum moderner sein: Die immer größer werdenden Häuser und Paläste werden auf eine Leinwand geworfen, Börsennachrichten tickern durchs Bild, und als Papst ersteigert sich Ilsebill die Kontinente bei Ebay: »Drei, zwei, eins – meins.« Beim Publikum kamen die Gags offensichtlich bestens an, wie die vielen Lacher und der laute Schlussapplaus deutlich machten. Als letzte Inszenierung feierte Samstagabend das Grimm-Projekt »Sommer in der Hölle« Premiere, bei dem Texte von Arthur Rimbaud und den Brüdern Grimm mit Musik von Nick Cave kombiniert wurden.

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