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William Shakespeare
LEBEN UND TOD KÖNIG RICHARDS III.

Tragödie

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Besetzung:
Regie und Bühne:
Kostüme:
Dramaturgie:
Ekkehard Dennewitz
Marlis Knoblauch
Annelene Scherbaum
LEBEN UND TOD KÖNIG RICHARDS III.

König Eduard der Vierte - Torsten Stoll a.G. | Eduard – dessen Sohn - Philipp Reinhardt a.G. | George, Herzog von Clarence - Daniel Sempf | Richard, Herzog von Gloucester - Markus Klauk a.G. | Graf von Richmond, später Heinrich VII. - Johannes Grabowski a.G. | Bischof - Peter Meyer | Herzog von Buckingham - Stefan Gille | Garf Rivers, Bruder des Königs - Peter Meyer | Marquis von Dorset – deren Sohn - Max Radestock a.G. | Lord Grey – deren Sohn - Stefan Piskorz | Lord Hastings - Jürgen Helmut Keuchel | Lord Stanley - Thomas Streibig | Lord Catesby - Daniel Sempf | Sir James Tyrell - Stefan Piskorz | Sir Richard Brakenbury - Bernd Kruse | Lord Mayor von London - Torsten Stoll a.G. | Erster Mörder - Thomas Streibig | Zweiter Mörder - Stefan Piskorz | Elisabeth, Gemahlin König Eduards IV. - Regina Leitner | Margarete, Witwe Heinrichs VI. - Uta Eisold | Herzogin von York, Mutter Clarence`s u. Gloucester - Christine Reinhardt | Anna, Witwe Eduards – später Gattin Gloucester - Franzika Knetsch | Sohn des Clarence - Johannes Grabowski | Tochter des Clarence - Sophia Heyrichs a.G. | Erster Bürger - Torsten Stoll a.G. | Zweitere Bürger - Bernd Kruse | Dritter Bürger - Stefan Piskorz



Stück:

Nach dem Untergang des Hauses Lancaster und der Machtübernahme durch Eduard IV. von York scheint Frieden eingekehrt zu sein im England der Rosenkriege. Aber Richard von Gloucester, der missgestaltete Bruder des Königs, will die Herrschaft an sich reißen. Daher versucht er, alle Familienmitglieder aus dem Weg zu räumen, die ihn an der Thronfolge hindern könnten.

Erstes Opfer wird sein Bruder Georg. Gleichzeitig wirbt er um Lady Anne, deren Mann und Schwiegervater er ebenfalls auf dem Gewissen hat. Danach lässt er die Söhne des jüngst verstorbenen Königs Eduard IV. und schließlich auch Lady Anne hinrichten, um die Tochter des Königs zu heiraten.

Endlich wird Richard die Königskrone angeboten. Da rüstet der Graf von Richmond zur Schlacht gegen den neuen König...



Eine Tragödie von William Shakespeare • Übersetzung und Fassung: Manfred Wekwerth

Mit „Richard III.“ schuf William Shakespeare (1564-1616) einen der größten Schurken der Weltliteratur, dessen ungenierte Mordlust bis heute zu faszinieren vermag.

Als Quellen dienten zeitgenössische Chroniken sowie vor allem die Richard-Biografie von Thomas Morus, die das negative Bild des buckligen, dämonisch-verschlagenen Königs vorzeichnete. Das Stück stellt den Abschluss der York-Tetralogie dar und markiert zugleich den Höhepunkt des Leidenswegs Englands im 15. Jahrhundert, bevor mit der Thronbesteigung der Tudors eine längere Friedenszeit begann.

„Richard III.“, bereits im 17. Jahrhundert von Wanderschauspielern in Deutschland gezeigt, zählt heute zu den meistgespielten Stücken Shakespeares (Uraufführung um 1593). Wir verwenden die Übersetzung des Brecht-Schülers und Regisseurs Manfred Wekwerth.


Pressestimmen:

Oberhessische Presse

Ein intriganter Mörder mit Witz und Charme
Eine rundum stimmige, so quicklebendige wie kurzweilige Inszenierung des Shakespeare-Dramas „Leben und Tod Richard III.“ zeigte das Hessische Landestheater am Samstag in der Marburger Stadthalle

Marburg. Mochten Ekkehard Dennewitz’ Bemühungen, die komplizierten Familienverhältnisse der englischen Herrschergeschlechter im 15. Jahrhundert eher verwirrend als klärend gewirkt haben, so zeigte sich bei der Inszenierung schnell, dass es dem Regisseur gelungen war, das Drama um Macht und Intrigen, Mord und Verrat mit leichter Hand im Stile einer schillernden Fernsehshow zu inszenieren. Als gute Wahl erwies sich Manfred Wekwerths Fassung des Dramas aus dem Jahr 1972, mit der er den grandiosen Stoff ungezwungen und ungekünstelt aufbereitet.

Aus dem Hintergrund klingt gepflegte Rock-Musik. Damen und Herren tanzen in Abendgarderobe. Der kränkelnde König Edward lümmelt auf seinem Thron herum. Doch die leicht skurrile Partystimmung täuscht: Des Königs Bruder, Richard, schmiedet bitterböse, blutige Pläne. Vor kurzem erst hat dieser Dandy aktiv am frühen Tod des Vaters und des Gatten der Prinzessin von Wales (Anne) mitgewirkt, da tröstet er sie: Du kannst einen besseren als ihn haben – mich! Kaum hat sie den Ring angenommen, ist ihre Trauer verflogen. Der bucklige Richard, bisher keineswegs von der Liebe verwöhnt, ist verblüfft, wie leicht sich Manipulieren lässt.

Schon nimmt die Show schwungvoll Fahrt auf: Richard raucht lässig seine Kippen, während der Sprüche von sich gibt und morden lässt, erst alle, die vor ihm in der Thronfolge stehen – sein Bruder George und des Königs Söhne. Dann, als er selbst auf dem Thron Platz genommen hat, verlieren auch die ihr Leben, die ihm mit schmutzigen Tricks dort hinaufgeholfen haben. Markus Klauk versucht in seinem Spiel gar nicht erst, den Richard als großen, mutigen Helden zu geben. Er streift sich vielmehr die Haut eines Marionettenspielers über als sei es seine eigene, ist der skrupellose Strippenzieher, der mit Witz, Charme und Hinterlist das Böse auch aus den anderen lockt.

Immer wieder gehen sie ihm auf den Leim, kuschen, wenn ausgerechnet er zu moralisieren beginnt, an ihrem kleinen Gewissen und dem Restchen Ehre rührt. Und zack hat er sie im Sack. Souverän gibt Markus Klauk den Bösen, der auch die kleinen, fiesen Zwischentöne mit Bedacht zu setzen versteht. Eine feine Idee, Klauk als Richard und Torsten Stoll als Edward von der Maskenbildnerin zum Verwechseln ähnlich zu schminken. Denn eigentlich macht es keinen großen Unterschied, welcher Schurke die Krone trägt.

von Christine Krauskopf




Gießener Allgemeine

Aufstieg und Fall eines machtgierigen Dandys

Diese Spielzeit wird seine letzte sein. Nach nahezu 20 Jahren verabschiedet sich Ekkehard Dennewitz im nächsten Sommer als Intendant des Landestheaters Marburg. Noch einmal wählt er die sperrige Stadthalle für seine Inszenierung eines gewaltigen Werkes: Shakespeares »Richard III.« soll es zum Saisonstart sein, soll noch einmal einen kräftigen Akzent setzen.

Der Revolver ist für ihn keine Gefahr: Souverän agiert Markus Klauk als Richard in der Marburger Inszenierung. (Foto: Landestheater) Dennewitz entscheidet sich für die Bearbeitung von Brecht-Schüler Manfred Wekwerth, die dieser 1972 am Deutschen Theater in Ostberlin zur Aufführung brachte: »Leben und Tod König Richard des Dritten« genannt, und genauso ausufernd wie der Titel gerät auch die Premiere am Samstagabend in Marburg.

Reichlich drei Stunden braucht der Regisseur, um Aufstieg und Fall dieses machtgierigen Menschen zu erzählen, der auf seinem Weg nach oben eiskalt über Leichen geht. Besonders nach der Pause hat die Aufführung ihre Längen - hier hätte der Rotstift noch kräftiger angesetzt werden müssen. Problematisch ist auch der Ansatz, das Leben des blutrünstigen Machthabers als Revue über die Bühne laufen zu lassen. Zu sehr lässt die Live-Musik des Trios von Sven Demandt (Schlagzeug), Christian Schiller (E-Gitarre) und Manuel Steinhoff (Bass) mit Titeln wie »Du musst ein Schwein sein auf dieser Welt« oder »Kriminaltango« das nicht enden wollende Abschlachten ins Lächerliche abgleiten.

Dabei muss man vor der Leistung von Markus Klauk anerkennend seinen Hut ziehen. Klauk spielt seine abendtragende Hauptrolle mit souveräner Ruhe, lässt sich wohltuend Zeit, seine diabolischen Pläne zu entwickeln. Er ist kein Monster im Teufelskostüm - sein Richard kommt gepflegt und eitel als Dandy im weißen Frack daher und versteht es geschickt, seine körperliche Behinderung zu verstecken. Kompliment an die Maske für diesen anschmiegsamen Buckel!

Doch nicht alle der zahlreichen Mitspieler kommen so prima mit ihrem Part klar. Einige der bewährten Ensembleschauspieler bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück, andere scheinen schlichtweg überfordert. Die besseren Figuren geben diesmal die Frauen ab: besonders eindrucksvoll Christine Reinhardt als Mutter der unsäglichen Königsbrut, die in aller Schärfe die Verbrechen ihres Sohnes Richard verflucht. Komische Akzente können Thomas Streibig und Stefan Piskorz als zwei schräge Vögel setzen, die plötzlich das Gewissen bei ihrem Mordauftrag plagt.

Marlies Knoblauch hat höchst ansprechende Kostüme kreiert. Im Stil der zwanziger Jahre tragen die Damen Federn auf dem Kopf und die Männer eine Lederkappe. Edel fallen die Roben und Anzüge aus, die modisch schick über die Hose noch einen Rock streifen.

Eine Inszenierung wird sich Dennewitz im Laufe dieser Spielzeit noch gönnen: »Die Gerechten« von Albert Camus. Ein etwas glücklicheres Händchen wäre dem erfahrenen Theatermann für diese Produktion von Herzen zu wünschen.

Marion Schwarzmann




marburg news

Irrwitziges Intrigenspiel

König Richard überzeugte durch Skrupellosigkeit

04.10.2009 - fjh

"Ich bin gewillt, ein Bösewicht zu werden." Diese Ankündigung macht Richard von Gloucester in "LEBEN UND TOD KÖNIG RICHARDS III." wahr. Mit einer eigenen Inszenierung des Dramas von William Shakespeare eröffnete Ekkehard Dennewitz am Samstag (3. Oktober) in der Stadthalle seine letzte Spielzeit als Intendant des Hessischen Landestheaters (HLTh). Den Bühnen-Klassiker über mörderische Intrigen und grenzenlose Machtgier hatte Dennewitz modern und doch zugleich zeitlos inszeniert. Die Bühne war sehr spärlich ausgestattet. Alle Darsteller trugen heutige Kleidung. Dadurch lenkte die Regie die Aufmerksamkeit des Publikums auf den Inhalt und vor allem die Dialoge und Monologe des machtgierigen Herzogs Richard. Kleine Atempausen gönnte Dennewitz den Zuschauern, indem er eine Band auf der Bühne postiert hatte, die zwischen den Szenen bekannte Musikstücke kurz anspielte. Leider war die durchaus flotte Musik etwas zu laut. Dadurch könnte der gutgemeinte Versuch, mit diesem poppigen Einfall auch ein jüngeres Publikum ins Theater zu locken, sich als Bumerang erweisen, falls dadurch die alteingesessenen stammgäste verprellt werden. Zudem waren die Einspielungen auch zu häufig und teilweise zu lang. Mindestens zehn bis vielleicht gar 15 Minuten Musik trugen mit dazu bei, dass die Inszenierung mit gut dreieinviertel Stunden einschließlich Pause eindeutig zu lang ausfiel. Weniger wäre hier in jeder Hinsicht mehr gewesen. Grundsätzich aber war die Musik durchaus eine erfreuliche Auflockerung. Bereits vor Beginn spielte die Band auf der Bühne, während das Publikum noch seine Plätze suchte. Dazu tanzten einige Darsteller schon auf der Bühne. Nach und nach kamen weitere Tanzpaare hinzu. Dann wechselte die Beleuchtung. In der Rolle des Herzogs Richard von Gloucester betrat Markus Klauk im weißen Smoking die Bühne. "Jetzt" – begann er – "klingelt ein Handy." Groß war das Gelächter über den vergesslichen Besucher, bevor Klauk erneut ansetzte: "Jetzt Gleich zu Beginn legte er seine durchtriebenen Pläne dar. Sie zielten allein darauf ab, dass Englands Königskrone seinen Kopf zieren sollte. Diesem Ziel standen allerdings noch seine Brüder Eduard (Torsten Stoll) als amtierender König und George von Clarence (Daniel Sempf) Im Wege. Beide mussten also sterben, damit Richard König werden konnte. Behilflich waren ihm dabei vor allem der Herzog von Buckingham (Stefan Gille) als kaum weniger durchtriebener Berater und Lord Stanley (Thomas Streibig). Zudem bediente er sich einiger williger Handlanger, die für ihn den Mord an seinem Bruder George Clarence und an den Söhnen seines Bruders Heinrich erledigten. Wilhelm Bendows unvergessenes Kabarettstück "Auf der Rennbahn" stand Pate für die Mord-Szene. Im selben Ton wie Bendows "Ich bin nämlich heute zum ersten Mal auf der Rennbahn" sprachen Thomas Streibig und Stefan Piskorz über ihre Skrupel bei der Bluttat. So konnte man die Ehrlichkeit als Dummheit wahrnehmen, die allerdings vor verlockenden Scheinen einknickt. Auch Richards Kommentar über die ehemalige Königin Margarete (Uta Eisold) hatte Dennewitz mit einem ähnlichen Gag gewürzt: "Sie ist Witwe, denn der Gatte, den sie hatte, fiel vom Blatte." Durch dieses Zitat aus Heinz Erhardts "Die Made" verharmloste der brutale Richard sein eigenes mörderisches Tun, denn er hatte ihren Gatten König Heinrich Vi. selber umgebracht. Dafür verfluchte sie ihn mit allem Ekel und allem Hass der Welt. gRandios spielte Eisold diese Rolle, mit der sie beinahe genauso brillierte wie der Hauptdarsteller. Als Herzog Richard war Klauk ein absolut glaubwürdiges Scheusal. Souverän meisterte er alle Klippen dieser schwierigen Rolle, die ihn am Ende fast im Wahnsinn zittern ließ. Kaum wesentlich weniger brillierte auch Stefan Gille als Buckingham. Er mutierte glaubwürdig vom harmlosen jungen Herzog zum skrupellosen Intriganten, der seinem machtgierigen Mitstreiter sogar noch Schlachtpläne entwirft. Doch als er nach der Krönung seinen versprochenen Lohn einforderte, ließ Richard ihn im Regen stehen. Mit fliegenden Fahnen wechselte Buckingham daraufhin zum feindlichen Grafen Richmond (Johannes Grabowski) über, dessen Heer Richard schließlich entmachtet. Auch Jürgen-Helmut Keuchel präsentierte sich als Lord Hastings in Hochform. Seine Entlassung aus dem Gefängnis nimmt König Heinrich kurz vor seinem Tod zum Anlass, alle Adligen zur Versöhnung aufzufordern. Zum Zeichen seiner Zuneigung schenkt Richard jedem daraufhin ein blinkendes rotes Herz wie das am Spiegelslust-Turm. Insgesamt hat das Ensemble am Premieren-Abend eine gelungene Team-Leistung hingelegt. Lediglich bei den Frauen fehlte es vereinzelt an Lautstärke und Deutlichkeit der Aussprache. Das war aber vor allem der bekanntermaßen schlechten Akustik des Erwin-Piscator-Hauses (EPH) geschuldet, das insgesamt jedoch einen guten Rahmen für die Aufführung bot. Die Räumlichkeiten der Stadthalle nutzte Dennewitz relativ gut. Mitunter ließ er Schauspieler wie Torsten Stoll als Bürgermeister von London oder Gille als Buckingham vom hinteren Mittelgang aus operieren. Besonders in der Szene, in der Buckingham und der Bürgermeister Richard die Krone antragen, fungierte das Publikum so automatisch als das Volk von London. Trotz kleiner Mängel kann man Dennewitz und das Ensemble zu dieser Spielzeit-Eröffnung nur beglückwünschen. Die gelungene Umsetzung des Welt-Klassikers belohnte das Publikum nach dreieinviertel Stunden ohne wirkliche Langeweile zu Recht mit langanhaltendem Applaus.

Franz-Josef Hanke - 04.10.2009




Gießener Anzeiger

Shakespeare in blutleerer Light-Version
Ekkehard Dennewitz inszeniert in Marburg "Richard III." in Wekwerth-Bearbeitung - Überragender Markus Klauk

Thomas Schmitz-Albohn MARBURG. Gleich zu Beginn liefert das Scheusal sein teuflisches Meisterstück: An den beiden Leichen ihres Mannes und ihres Vaters, die er hat töten lassen, wirbt Richard, Herzog von Glouster, um die junge Witwe Lady Anne - und hat Erfolg. In der Inszenierung von William Shakespeares blutrünstiger Tragödie "Richard III." am Marburger Landestheater steigert Regisseur Ekkehard Dennewitz diese Szene ins Grotsk-Erotische: Die von Franziska Knetsch als üppige Matrone im schrillen roten Kostüm gespielte Anne hat dem vor ihr knienden Richard eine Pistole in den Mund gesteckt und würde vielleicht auch abdrücken, doch da löst er seinen bis dahin gelähmten linken Arm und schiebt ihn unter ihren Rock zwischen die drallen Oberschenkel. Und den Verlobungsring steckt er ihr - ganz langsam - mit dem Mund an.

"Ward je in dieser Laun` ein Weib gefreit?/Ward je in dieser Laun` ein Weib gewonnen?", heißt es dazu bei Shakespeare. Doch diese Verse gibt es in Marburg leider nicht zu hören, weil die Tragödie in einer Übersetzung und naseweisen Bearbeitung des Brecht-Schülers Manfred Wekwerth als "Leben und Tod König Richard des Dritten" gegeben wird. Von Shakespeares grandioser Sprache, seiner dramatischen Wucht und meisterhaften Charakterzeichnung ist nichts übriggeblieben. Stattdessen gibt es eine blutleere Light-Version mit dem lehrerhaften Brecht´schen Unterton. Und wer sich dieser Theatertradition verpflichtet fühlt, darf nicht nur, wie bei Shakespeare, die Mächtigen am englischen Hofe zeigen, sondern muss natürlich auch das Volk auf der Straße zu Wort kommen lassen. So sieht man zwischen den Staatsaktionen merkwürdig gesichtslose Figuren wie aus der Puppenkiste, die marxistische Hohlformeln von sich geben - wie zum Beispiel: "Man muss die beherrschen, die einen beherrschen wollen."

Der wesentliche Unterschied zwischen Shakespeare und seinen Interpreten ist aber der, dass der Brite alle seine Figuren ernst nimmt und daher glaubwürdige Charaktere schuf, während Wekwerth/Dennewitz ihr gesamtes Personal der Lächerlichkeit preisgeben. Das ist schon an den grellen Kostümen (Marlis Knoblauch) zwischen Barock, 20er Jahren und Krieg der Sterne ablesbar. Die von Dennewitz geschaffene Bühne zeigt einen nach hinten ansteigenden, von unten beleuchtetem Metallgitterboden. Am oberen Ende steht der Thron auf einem Podest mit Treppenstufen. Daneben sitzt die Live-Band "The Eddies/The Richies", die mit aufgepeppten Schlagermelodien die jeweiligen Szenenwechsel untermalt. Der reichlich abgenudelte "Bolero" passt jedoch nicht zu Richards Ende ("Ein Pferd, ein Königreich für ein Pferd").

Unangefochtener Star der über dreistündige Aufführung in der Stadthalle ist Markus Klauk in der Rolle des Bösewichts. Mit überragenden intellektuellen Fähigkeiten ausgestattet hält er als Meister der Verstellung und der Ironie alle Fäden in der Hand. Klauk gibt diesen Richard als etwas gelangweilten Dandy und Entertainer, der seine körperliche Missgestalt - genau wie seine Absichten - geschickt unter einem blütenweißen Anzug zu verstecken weiß. Der teuflische Witz, den das Scheusal bei Shakespeare auszeichnet, ist ihm zwar genommen worden, doch mit seiner spielerischen Energie findet Klauk für die überragenden Fähigkeiten Richards ein reiches Betätigungsfeld. Nützliche Helfer sind ihm Jürgen Helmut Keuchel als zaghafter Hastings, Stefan Gille als verbrecherischer Buckingham und Steffen Piskorz als ergebener Mörder Tyrrel. Die Frauen, bei Shakespeare wahre Furien voller Hass und Leidenschaft, bleiben trotz abenteuerlicher Kostümierung blass: Regina Leitner als Königin Elisabeth, Uta Eisold als Magarethe und Christine Reinhard als Richards Mutter. *




Presse

Drama blickt in die Seele des Tyrannen
Landestheater feiert Premiere mit Shakespeare

Als Auftakt zur neuen Spielzeit des Hessischen Landestheaters Marburg hat das Stück „Leben und Tod König Richards III.“ von William Shakespeare am Samstagabend in der Stadthalle Premiere gefeiert. Intendant Ekkehard Dennewitz inszenierte das Königsdrama als fesselnden Kampf um die Macht und als tiefen Blick in die Seele eines Monsters.

Richard von Gloucester, der spätere König Richard, ist missgebildet und hässlich und wird von seinen Mitmenschen wenig geliebt. Aber er ist ein kluger Kopf, und so beschließt er, mit aller Macht den Königsthron zu erobern. „Was bietet die Welt sonst an Abwechslung?“ überlegt er schon im Anfangsmonolog.
Richard erweist sich als begnadeter Intrigant und skrupelloser Mörder, der all seine Intelligenz darauf verwendet, seine Konkurrenten einen nach dem anderen auszuschalten. Zuerst bringt er König Heinrich um, danach lässt er seinen Bruder Clarence und die Söhne des kürzlich verstorbenen Königs Eduard beseitigen. Nichts und niemand kann ihn auf dem Weg zur Macht aufhalten, bis er schließlich am Ziel seiner Träume angelangt ist: Er wird zum König gekrönt, obwohl ihn selbst die eigene Mutter als „Höllenhund“ bezeichnet. Aber Richards Regentschaft ist nicht von langer Dauer. Seine Feinde sammeln sich unter der Führung des jungen Grafen Richmond und ziehen gegen ihn zu Felde. In der Schlacht erscheinen die Geister all seiner Opfer und quälen und bedrängen den Mörder, den nun das Gewissen plagt.
Mit Markus Klauk in der Hauptrolle des Richard hat Dennewitz eine glänzende Wahl getroffen. Dem Schauspieler gelingt es hervorragend, alle Facetten der schwierigen Hauptfigur auszuloten. Als aalglatter Typ mit schmalem Oberlippenbärtchen und Pomade im Haar wirkt er äußerlich harmlos, hinter der coolen Maske blitzt aber sein brutales Gesicht auf.
Klauk spielt den Richard als kalten Zyniker und rücksichtslosen Egomanen, der vor keiner Bluttat zurückschreckt und seine Opfer noch verspottet. Gleichzeitig wird der innere Zorn des ungeliebten Krüppels deutlich, der ihn antreibt. Regina Leitner gibt Königin Elisabeth als wütende, zur Hysterie neigende Frau, die aber bald ihre Machtlosigkeit erkennen muss. Christine Reinhardt glänzt in der Rolle der Herzogin von York, der verzweifelten Mutter Richards. Besonders anrührend ist die Szene, in der sie ihren Sohn zärtlich streichelt, aber gleichzeitig einen Fluch über ihm ausspricht.
Die Inszenierung von Dennewitz überzeugt nicht nur durch die brillanten Darsteller, sondern auch durch die Bühnengestaltung und die Kostüme. Die schräggestellte Bühne rückt das Geschehen sehr nahe an die Zuschauer heran, durch den Boden aus Metallrosten können gezielt Lichteffekte eingesetzt werden. Mal ist die Bühne in blutiges Rot getaucht, mal leuchtet sie in kühlem Blau. Kostüme und Requisiten sind hauptsächlich in zurückhaltendem Schwarzweiß gehalten und bieten ebenfalls Raum für zusätzliche Akzente.
Das Premierenpublikum war begeistert und bedankte sich mit viel Applaus für einen spannenden Theaterabend. Für den Hauptdarsteller Markus Klauk, der als Gast des Landestheaters spielt, gab es Rosen aus dem Publikum.

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